Challenge-Staffel 2017_So. 9. Juli
Samstag, 22 Juli 2017

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Zieleinlauf des Dreamteams

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Ja, so sehn Sieger aus!

„Ich kann halt nur laufen. Sonst kann ich nichts.“ 

Mit dieser Einstellung bringt man es im Triathlon nicht allzu weit. Wenn man nun aber unbedingt einmal bei der Challenge in Roth dabei sein will, sollte man sich mit den geeigneten Lauffreunden unterhalten und ehe man sich versieht, gibt es einen Plan. 
Vicky, die schon seit geraumer Zeit die Triathlonwelt für sich entdeckt hat und auf dem Rennrad auch eine wesentliche bessere Figur abgibt als ich (die ich noch nicht mal ein Rennrad habe), war sofort bereit, für eine Staffel die 180 km im Sattel zu übernehmen. Jetzt brauchten wir nur noch einen Schwimmer. Candy erfüllte die Jobanforderungen am besten. Er hatte ein Jahr zuvor einen Challenge-Einzelstart erfolgreich gemeistert, erfreute sich bester, robuster Gesundheit und musste überhaupt nicht geködert werden. Das „SV Weiherhof Dreamteam“ war also komplett.
Lediglich eine essentielle Kleinigkeit fehlte noch: ein Startplatz.
Aber wenn sich Vicky etwas in den Kopf gesetzt hat, dann klappt das auch. Und somit hieß es am 25.07.2016: „Welcome to the Challenge family“!! 

Knapp 12 Monate, etliche Trainingseinheiten, Verletzungspausen, Arzt-besuche, Vorbereitungstreffen und ein neues Rennrad später wurde es dann ernst. Der akribisch ausgetüftelte und logistisch durchdachte Plan war so: Alle treffen sich bereits am Freitagnachmittag in Roth und schnuppern erste Triathlonluft. Abends fahren Vicky und ich dann nach Hause und kommen Samstag wieder zur Marathonmesse und Wettkampfvorbesprechung. Wir schlafen wieder zu Hause, stehen quasi nachts auf, fahren in den obligatorischen Stau vor Heuberg und hetzen dann zum Start. Die Jungs bleiben von Freitag bis Sonntag im Zelt und amüsieren sich. Ein Plan für die Tonne. 

Die Realität sah dann so aus: 
Dank Vickys streikendem Auto stand ihr das ganze Wochenende ein VW-Bus zur Verfügung, in dem sich alles, was man für drei Tage Challenge so braucht, problemlos verstauen ließ. Außerdem bot er ihr eine regensichere Übernacht-
ungsgelegenheit. Ich hatte zwar weder Bus noch Zelt, aber das ließ sich spontan regeln. Und so kam es, dass ab Samstag 100% der Dreamteam-Staffel inklusive Betreuer Jürgen mehrere Quadratmeter Wiese in der Nähe des Schwimmstarts in Beschlag hatten und sich um Stau und Parkplatzsuche am Sonntag keine Gedanken mehr machen mussten. Die gewonnene Zeit investierten wir sinnvoll in überlebenswichtige Dinge wie Messeshopping (Jetzt habe ich sogar ein Radtrikot, das ich selten brauche. Aber es sah einfach toll aus
J), Fotosafari und Autogrammjagd (Frodeno, Ryf, Bracht), Fahrradbrillentest im Windkanal, Gewinnspiel, Nudelparty, Wettkampfbesprechung, Baden im Rothsee und Gespräche unter Mitstreitern (selten so viele echte Triathlonexperten auf einem Haufen erlebt). Nach so einer intensiven und kraftraubenden, erschöpfenden letzten Vorbereitung hat der Triathlon am Sonntag den Namen „Challenge“ verdient.

Nach einer geringfügig erholsamen Nacht im klammen Zelt erwachte der Campingplatz spätestens ab 5 Uhr zum Leben. Wer da noch nicht bereit war, seine Nase ins Freie zu stecken, der wurde kurze Zeit darauf durch kanalseitige Musikbeschallung von der Luftmatratze geholt. Ein Sonnenaufgang wie aus dem Bilderbuch schaffte die passende Kulisse für Gesichtsduschen aus der Mineralwasserflasche, Schminkaktivitäten im Auto, Zähneputzen auf der Wiese und andere wichtige Wettkampfvorbereitungen. Die Anspannung wuchs minütlich und vor uns lag noch ein sehr langer Tag. 
Den ersten Schwimmstart erahnten wir aus dritter Reihe auf der Kanalbrücke. 6 Uhr 30, das hieß, bis zu Candys Start vergingen noch 2,5 Stunden. Zeit, die wir nutzten, um unser Wettkampfoutfit zu vervollständigen und alles zusammenzupacken, was wir in den nächsten 17 Stunden brauchen würden. Die Nähe vom Campingplatz zum Schwimmstart machte sich bezahlt. Entspannt und überpünktlich schickten wir Candy ins Wasser. Ab jetzt hieß es vor allem für mich: WARTEN!! Vicky tigerte bereits bis in die Haarspitzen motiviert zwischen Rennmaschine, Dixi-Klo und Absperrzaun hin und her, während sich mit Sigi und Michaela zwei ausdauernde Fans, bewaffnet mit einem Transparent, bei uns einfanden. Danke für die Unterstützung den ganzen Tag über!! Fehlte nur noch Candy. Den konnten wir eigentlich nicht übersehen. Dank seiner minimalistischen Ausrüstung, bestehend aus Badehose, -kappe und Transponder, sahen wir ihn nach knapp 1,5 Stunden zwischen neoprenverpackten Konkurrenzschwimmern durch die Wechselzone hetzen. Der Start war also geglückt und für Vicky wurde es richtig ernst. Nur 2 Minuten später begab sie sich freudestrahlend auf die Strecke . . . und wir uns zurück zu den Autos. Nun hieß es für mich essen – vorgekochte Nudeln mit Öl zum Ersten – Tagesgepäck ein letztes Mal kontrollieren, Outfit nochmals überprüfen und dann mit den Jungs nach Hilpoltstein radeln, Ziel: Solarer Berg. Die Sonne gab sich mittlerweile mächtig Mühe und Regen war nicht in Sicht. In Hilpoltstein trafen wir auch Sigi und Micha wieder, so dass Vicky von fünf begeisterten Fans nach Solar geschickt wurde. Sehr zu unserer Freude sahen wir sie ein zweites Mal auf unserem Rückweg durch die Stadt. In dem sicheren Bewusstsein noch jede Menge Zeit zu haben radelten wir gemächlich nach Roth, wo ich vor dem Eingang zum Triathlonpark die zweite einfallsreiche Mahlzeit einnahm: Richtig, vorgekochte Nudeln mit Öl zum Zweiten. Danach konnte ich keine Nudeln mehr sehen und beschloss, genug Kohlehydrate gebunkert zu haben. Ab jetzt nur noch Wasser . . . oder vielleicht ein Spezi. Dank GPS und der Möglichkeit des Trackings, erwarteten wir Vicky zwischen 16.15 und 16.30 Uhr in der Wechselzone 2. Während Jürgen ihr ein Stück entgegenfuhr, verabschiedete ich mich für die nächsten Stunden und verschwand in meinen Wartebereich. Dort stand ich dann mit vielen anderen Athleten, die genauso nervös wie ich der Ankunft ihres Radfahrers entgegenfieberten. Als Erstes traf Arne ein, der für eine TKN-Staffel in die Pedale getreten hatte.  So nahtlos im Anschluss an 180 km auf dem Rad war er für eine Unterhaltung aber noch nicht wirklich aufgeschlossen . . . verständlich, auch für mich. Jetzt musste Vicky eigentlich jeden Moment auftauchen und tatsächlich um 16.20 Uhr sprang sie aus dem Sattel und mit einer tollen Zeit von 5 Stunden 50 Minuten dem wohlverdienten Feierabend entgegen. Damit begann mein Part, nachmittags, um kurz vor halb fünf, unter der unbarmherzigen Sonne von Roth. Ich hätte die Jobbeschreibung besser lesen sollen. Eine gute Minute später verließ ich die Wechselzone 2, um nach wenigen Metern Norbert und Kerstin vor die Kameralinse zu laufen. Die ersten Fans schon kurz nach dem Start, das war absolut motivierend. Die neue Laufstrecke hatte ich quasi auswendig gelernt. Von einem Sch…berg war da die Rede gewesen. Konnte das sein? Rund um Roth ein Anstieg?? Man würde sehen. Jetzt ging es erst einmal hinunter zur Lände. Schon von Weitem entdeckte ich den Weiherhöfer Fanclub, der nicht zu überhören war. Mit so viel Unterstützung hatte ich gar nicht gerechnet. Wieder ein guter Grund, ein bisschen schneller zu laufen. Die Kilometer bis zum Wendepunkt am Kanal vergingen so wie im Flug. Auf dem Rückweg, kurz vor dem Stimmungsnest des SV, schnappte ich mir eine Ratsche, um ein wenig gute Laune von der Strecke zurückzugeben. Man bekommt zwar im Vorbeirennen nicht jeden Einzelnen mit, der da am Rand steht, aber der Blick in so viele bekannte Gesichter hat mich begeistert und vorangetrieben. Danke für die Motivation!! Ich lief also zurück nach Roth, einen ersten Berg hinauf, dann geradewegs Richtung Marktplatz, vorbei an jubelnden Zuschauern und gut gelaunten Moderatoren, und machte mich über die Mokka-Meile auf den Weg hinaus aus Roth (wo ich zu meiner Freude Holger traf) und hinauf nach Büchenbach. Meine Euphorie war noch nicht verflogen und obwohl ich an jedem der in kurzen Abständen auftauchenden Verpflegungsstände zu Schwamm und Wasserbecher griff, um der Hitze zu trotzen, erschien mir diese erste Runde wie ein einziger Spaß. Ich wunderte mich lediglich, dass ich Richtung Büchenbach ein bisschen langsamer wurde. Dort angekommen jagte mich ein absolut  triathlonbegeistertes Publikum um den Wendepunkt, den Büchenbacher Weiher, und schickte mich mit viel Schwung auf die letzten Kilometer der 1. Runde. Und jetzt fiel es mir auch auf, da kamen jede Menge Athleten einen zähen Anstieg herauf, den ich vorher nicht wirklich wahrgenommen hatte und nun am liebsten verdrängt hätte. Das waren ja prickelnde Aussichten für die Kilometer 33 bis 37. Doch noch war alles gut. Zumindest fühlte es sich so an. Deswegen staunte ich auch ein wenig, als in  Roth in der Gartenstraße plötzlich ein besorgter Jürgen neben mir her lief und mich fragte, ob ich nicht zu schnell wäre. Ich versicherte ihm, ein paar Meter weiter etwas Tempo herauszunehmen. Was ich nicht wusste, das GPS-Tracking lieferte zum Teil kuriose Splits, denen zufolge ich momentan mit einem Schnitt von 3:21 Minuten unterwegs war. Das hätte mir an Jürgens Stelle auch ein paar Sorgenfalten ins Gesicht getrieben, aber so . . . orientierte ich mich weiterhin an der Pulsanzeige auf meiner Uhr und lief nach Gefühl. Auf dem Weg zur Lände traf ich auf Gerhard und Renate und war bester Dinge. Der Himmel verdunkelte sich nun zusehends und es war nicht mehr heiß, sondern schwül. Wenig später gab es tatsächlich die ersten willkommenen Regentropfen des Tages. Noch einmal entdeckte ich Michaela, die sich fürsorglich nach meiner Wade erkundigte. Als treuester Fan des Tages erwies sich Sigi, die ein Stückchen weiter, bei Kilometer 25, zusammen mit Horst und Jutta für Stimmung sorgte und Beweisfotos schoss. Eine letzte Wende am Kanal, dann begann der lange Heimweg. In den Beinen machten sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar und vor mir lagen noch zwei Anstiege. Nach dem ersten machte ich einen auf vernünftig und beschloss für mich, etwas Tempo herauszunehmen. Theoretisch eine gute Idee, praktisch aber nicht umsetzbar. Kaum gedacht, bemerkte ich auf Kilometer 30 den Rest meiner Staffel und auch Gerhard und Renate, die mich begeistert empfingen. Dazu lief ACDC und schon war alle Müdigkeit verdrängt. . . Vernünftig war ich sowieso noch nie so richtig. Das war eine Punktlandung in Sachen Motivation. Dickes Dankeschön! Nichtsdestotrotz holte mich die Straße nach Büchenbach auf den Boden der Tatsachen zurück. Dieses Mal hielt sich der Spaß in Grenzen und die fiese, konstante Steigung bemerkte ich bereits auf den ersten Metern. Da ist man dann doch ganz froh, nicht schon 3,8 km geschwommen und 180 km geradelt zu sein. Ich ziehe meinen Hut vor Georg, dem als Einzelstarter wieder mal eine tolle Zeit, weit unter 11 Stunden gelungen ist, trotz anspruchsvoller neuer Laufstrecke. Endlich war der Weiher in Sicht und angefeuert von zwei weiteren Freunden an der Strecke freute ich mich auf den Rückweg „bergab“. Doch auch der lief sich nicht von selber und so überquerte ich  deutlich weniger motiviert ein letztes Mal den Rother Marktplatz. Weit war es ja nun nicht mehr, das Stadion in greifbarer Nähe. Ein Mal noch durch die Gartenstraße, dann endlich rechts abbiegen und langsam die Augen nach Vicky und Candy offen halten. Zum Glück entdeckten die beiden mich, bevor ich sie in meinem Tunnel verpassen konnte und wir machten uns zu dritt auf den Weg zur Ziellinie. Was hatte ich mich auf diesen Moment gefreut. Oft genug stellt man sich in Gedanken vor, wie es ist, die letzten Meter durch den Triathlonpark zu laufen. Und jetzt war ich zu leer im Kopf, um überhaupt noch etwas mitzubekommen. Ganz toll, Elke! Ich sah weder Gerhard, noch Renate oder Sigi. Ich kann mich an keine Musik oder Lautsprecherdurchsage erinnern und im Nachhinein betrachtet bin ich mir relativ sicher, dass ich ziemlich grenzdebil grinsend ins Ziel gestolpert bin. Mehr als zwei Sätze habe ich dann auch nicht mehr zustande gebracht. Nummer 1: „War ich gut?“ und Nummer 2: „Aber die Schminke ist verlaufen.“ Ich bewundere jeden, der am Ende eines solchen Tages im Ziel noch wenigstens zwei durchschnittlich intelligente Sätze hervorbringt. Mir gelingt das definitiv nicht. Man schob mich in den Verpflegungsbereich, wo ich auf der langen Suche nach einem Getränk zunächst die Finishershirts und dann die Urkunde in die Hand gedrückt bekam. Jetzt sah ich auch zum ersten Mal unsere Ergebnisse. Gestartet ohne große sportliche Ziele, einfach nur mit dem Wunsch, ein Mal dabei zu sein, hatten wir mit einer Gesamtzeit unter 11 Stunden allen Grund, stolz zu sein. Nach dem Duschen (keine Ahnung, wie ich aus den Klamotten gekommen bin, für mich die schwierigste Disziplin des Tages) packte ich ein Lunchpaket für Vicky ein und machte mich auf den Weg zu meinen Leuten. Auch Sigi und Arne feierten noch mit uns. 

An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an alle, die sich auf den Weg nach Roth gemacht und in der Hitze ausgeharrt haben, um diesen Tag für uns unvergessen zu machen. 
Wenn schon Challenge, dann bis zum Schluss! Nach diesem Motto ließen wir den Tag im Triathlonpark ausklingen und machten uns nach dem Feuerwerk mit dem Rad auf dem Rückweg zum Campingplatz. 

Vicky und Candy hängten noch eine Nacht dran, um sich am nächsten Tag für die Challenge 2018 vormerken zu lassen. 

Jürgen und ich brachen im wahrsten Sinne des Wortes unsere Zelte ab und verabschiedeten uns nach Hause. Jürgen setzte ich in Seckendorf ab, fiel dann gegen 4 Uhr in mein Bett und holte mir wohlverdiente 1,5 Stunden Schlaf. 

Es war das Ende eines wirklich langen und anstrengenden Tages – aber auch  eines Erlebnisses, das mir, uns, niemand mehr nehmen kann. 

Eure Elke